18 Januar 2006

Ein Votum für die VG-Verwaltungen

Reform-Debatte bestimmt Diskussion beim Neujahrsempfang in Wirges

Zitat: "Die Ortsgemeinden sind "heilig" und Verbandsgemeinden von ihrer Aufgabenstruktur her ebenfalls eine unverzichtbare und effiziente Verwaltungsstruktur, die nicht angetastet werden darf: Beim Neujahrsempfang der VG Wirges, zu dem Bürgermeister Michael Ortseifen am Dienstagabend nach Bannberscheid geladen hatte, warnte Gastredner Reimer Steenbock, Verbandsdirektor des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz, eindringlich davor, Hand an diese Gebietskörperschaften anzulegen.

BANNBERSCHEID. Im Vorfeld der rheinland-pfälzischen Landtagswahlen, im Zuge derer derzeit auch eine Verwaltungsreform mit einer Auflösung der Verbandsgemeindestruktur diskutiert wird, beherrschte vor allem ein Thema den traditionellen Neujahrsempfang der VG Wirges: Sind die kleinsten Einheiten regionaler Gebietskörperschaften, also auch die eigenständig fungierenden Ortsgemeinden, noch zukunftsfähig?

Mit einem entschiedenen "Ja" beantwortete Bürgermeister Michael Ortseifen diese Frage. Schon jetzt könnten etliche Ortsbürgermeister in größeren Gemeinden ihre Aufgabenpensum auf ehrenamtlicher Ebene kaum noch bewältigen. Ohne die "Verwaltungshilfe" der Verbandsgemeinden breche das System hier schlichtweg zusammen. Zudem warnte Ortseifen davor, dass das Schreckgespenst neuer "Einheitsgemeinden" das ehrenamtliche politische Engagement in seinen Grundfesten bedrohe.

So erklärte der VG-Chef weiter: "Zur Zeit sind in der Verbandsgemeinde Wirges etwa 300 Personen kommunalpolitisch tätig. Könnten wir ein solches Potenzial gewinnen, wenn wir an Stelle unserer zwölf Gemeinden und der Verbandsgemeinde nur noch eine Einheitsgemeinde hätten? Wohl kaum!"

Doch der Gastgeber des Neujahrsempfangs erhielt Schützenhilfe. Dies nicht nur von einer höheren, sondern auch von einer in dieser Frage sicherlich unabhängig argumentierenden Ebene - nämlich in Person von Reimer Steenbock, Verbandsdirektor und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz. Und der brach ebenso wie Ortseifen eine Lanze für den Erhalt von Orts- und Verbandsgemeindeverwaltungen.

Zudem wagte Steenbock eine Prognose, die die rund 200 anwesenden Orts- und VG-Räte zunächst einmal beruhigt haben dürfte: "Die Ortsgemeinden sind heilig. Daran wird sich auch in den nächsten zehn Jahren nichts ändern." In abgeschwächter Form gelte dies auch für die VG-Struktur. Denn wenn die von einigen politischen Gruppierungen angestrebte Auflösung der Verbandsgemeinden so aussehe, wie die der Bezirksregierungen, dann müsse sich niemand fürchten. Damals hätten drei Behörden an drei Standorten mit drei Personalkörpern einfach einen neuen Namen bekommen. Steenbock: "Demnach würden 163 neue Schilder gedruckt, aus der Verbandsgemeinde wird die Kommunalverwaltung und fertig ist"s."

So einfach dürfe man es sich aber nicht machen, wolle man den Verwaltungsapparat wirklich effizienter und effektiver gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen, stellte der Redner des Gemeinde- und Städtebundes allerdings im Anschluss nicht die VG-Struktur generell in Frage, sondern forderte vielmehr, Zuständigkeiten von "oben nach unten" zu verteilen.

Als Beispiele nannte Steenbock unter anderem das Kfz-Zulassungswesen und die Schulverwaltung bis zur Realschulebene. Beides lasse sich im Sinne von mehr Bürgernähe spielend von den Landkreisen in den Hoheitsbereich der Verbandsgemeinden übertragen. Darüber hinaus forderte Steenbock, in den Verbandsgemeinden so genannte Bürgerbüros zu etablieren, die fach- und kompetenzübergreifend erste Anlaufstelle für alle Fragen des Bürgers sein müssten.

Einsparpotenzial liege zudem in etlichen Doppelzuständigkeiten. Auf kleiner, aber auch auf großer Ebene. So müsse die Frage erlaubt sein, ob sich jede Ortsgemeinde neben der von den Verbandsgemeinden vorgehalten Infrastruktur beispielsweise einen eigenen Bauhof oder eine eigene Feuerwehr leisten müsse und vor allem überhaupt könne. Steenbock: "Hier werden vor dem Hintergrund der Finanzierbarkeit künftig mehr Kooperationen gefordert sein."

Gleiches gelte allerdings auch für das Beispiel der kreisfreien Städte im Land, deren Überführung in die Landkreise sicherlich in künftigen Diskussionen kein Tabu mehr sein dürfe.", Zitat Ende. Quelle: Westerwälder Zeitung vom 18.01.2006, Seite 20.

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